Reichskonkordat sichere Gründung kirchlicher Hochschulen zu

Staatskirchenrechtler: Kein Konkordatsbruch durch Woelki-Hochschule

Veröffentlicht am 08.07.2022 um 09:45 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Köln ‐ Droht durch die Kölner Theologie-Hochschule Streit zwischen Land und Kirche? Staatskirchenrechtler Christian Hillgruber ist gelassen: Konkordate sicherten nicht nur die Bonner Fakultät ab – sie erlaubten auch die Errichtung kirchlicher Hochschulen.

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Der Bonner Staatskirchenrechtler Christian Hillgruber sieht allein durch das Bestehen der von Kardinal Rainer Maria Woelki gegründeten "Kölner Hochschule für Katholische Theologie" (KHKT) noch keinen Bruch von Konkordaten. Gegenüber katholisch.de sagte der Direktor des Instituts für Kirchenrecht an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn am Donnerstag, dass das ebenso wie das Preußenkonkordat fortgeldende Reichskonkordat der Kirche das Recht gebe, eigene kirchlichen Hochschulen für die Klerikerausbildung zu errichten. "Die Errichtung einer neuen kirchlichen Hochschule durch das Erzbistum ist also grundsätzlich vertraglich abgesichert", so Hillgruber.

Im Zuge der Diskussion um die KHKT war zuletzt durch den Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken die Frage aufgeworfen worden, inwiefern eine Verlagerung der Priesterausbildung an die KHKT einen Bruch des Preußischen Konkordats bedeute, das die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Bonn als Studienort für angehende Geistliche absichert. Neben dem Preußischen Konkordat von 1929 hält auch der Vertrag zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Heiligen Stuhl von 1984 unter anderem an der Bonner Fakultät als Ort der wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen fest. "Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine einseitig begünstigende Bestimmung zugunsten der Kirche: Das Bestandsschutz des Konkordats wirkt zugunsten der Kirche, nicht zugunsten des Staates", erläutert Hillgruber.

In der staatskirchenrechtlichen Literatur werde allerdings vertreten, dass der Kirche die vertragliche Obliegenheit zukommt, nicht durch den Aufbau eines konkurrierenden Hochschulwesens den Bildungsauftrag der Staatsfakultäten in Frage zu stellen, schränkt der Rechtswissenschaftler ein. "Man wird also annehmen müssen, dass jedenfalls eine völlige Verlagerung der Ausbildungsaufgaben von der Bonner Fakultät hin zur neuen kirchlichen Hochschule konkordatswidrig wäre", so Hillgruber weiter. Fragen zur Auslegung des Konkordats seien von den Vertragsparteien, also dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Heiligen Stuhl, auf "freundschaftliche Weise" zu klären, wie das Preußenkonkordat eigens in einer "Freundschaftsklausel" festlegt.

Theologische Fakultät und Stadtdekanat für Bonn als Standort

Am Donnerstag hatte sich der Bonner Stadtdechant angesichts der aktuellen Lage besorgt über staatskirchenrechtliche Probleme gezeigt, die durch die Errichtung der KHKT und einen eventuellen Abzug der Priesterausbildung von Bonn nach Köln entstehen könnten. Es müsse verhindert werden, dass das Konkordat verletzt und das Verhältnis zwischen Staat und Kirche "leichtfertig" belastet werde, so Picken. "Das Erzbistum Köln kann kein Interesse daran haben, die Existenz der theologischen Fakultät in Bonn zu gefährden. Zu riskieren, dass der Staat sich wegen einer einseitigen Vertragsverletzung der Kirche gerechtfertigt sieht, die Existenz der theologischen Fakultät an der Bonner Universität nicht weiter sicherstellen zu müssen, könnte eine Fehlentscheidung historischen Ausmaßes sein", befürchtete der Stadtdechant. Daher brauche es dringend eine verbindliche Klärung mit dem Staat, gegebenenfalls auch unter Einbeziehung des Vatikans, ob diese Planungen und Entwicklungen mit dem Konkordat vereinbar sind, bevor es im Erzbistum Köln zu Beratungen und weitreichenden Entscheidungen komme, betonte Picken.

Zuvor hatte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn, der Moraltheologe Jochen Sautermeister, in einem Interview betont, dass Bonn gemäß dem Konkordat der Ort der theologischen Ausbildung für Geistliche ist. Das Theologiestudium an einer Volluniversität sei nicht nur aufgrund des dort möglichen interdisziplinären Austauschs mit anderen Fakultäten wertvoll, sondern für die Kirche auch eine große finanzielle Entlastung. "Die Fakultät als Teil der Universität wird komplett aus universitären Mitteln und damit vom Staat finanziert. Sie kostet das Erzbistum also keinen einzigen Cent", betonte Sautermeister. Die Finanzierung der KHKT dagegen ist immer noch ungeklärt.

Die Priesterausbildung im Erzbistum Köln hat derzeit zwei Standorte in Bonn und Köln. Mitte Juni hatte sich der Priesterrat der Erzdiözese mehrheitlich dagegen ausgesprochen, die Ausbildungsstätte der Priesterkandidaten komplett nach Köln zu verlagern. Mit dem Votum sei aber keine Vorgabe für eine bestimmte Hochschule verbunden. Die Priesteramtskandidaten können an der Universität Bonn oder an der KHKT studieren. Im Interview mit katholisch.de bezeichnete das der Regens des Priesterseminars, Pfarrer Regamy Thillainathan, als "Luxusproblem" und sprach sich dafür aus, dass Seminaristen sich für die Hochschule entscheiden, die ihnen als passender erscheint: "Ich will Wahlfreiheit für die Seminaristen, kein starres Korsett." (fxn)