Louisa Pötter über das Sonntagsevangelium

Den Zweifel aushalten

Veröffentlicht am 15.04.2023 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
Ausgelegt!

Wallenhorst ‐ Es gibt Momente in ihrem Leben, die Louisa Pötter an der Menschheit und auch an ihrem Glauben zweifeln lassen. Im heutigen Evangelium sieht sie für sich die Zusage: Jesus nimmt uns mit unseren Anfragen, unserer Skepsis und unseren Bedenken ernst.

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Zweifel – ein Wort, welches mir nur allzu gut bekannt ist. Im Duden habe ich folgende Definition dazu gefunden: "Bedenken, schwankende Ungewissheit, ob jemandem, jemandes Äußerung zu glauben ist, ob ein Vorgehen, eine Handlung richtig und gut ist, ob etwas gelingen kann". Während des Lesens bemerkte ich, wie ich zustimmend nickte und einfach nur dachte: Ja, das trifft es ziemlich genau.

Da gibt es die Zweifel darüber, ob ich die bevorstehende Prüfung bestehe. Da gibt es den Zweifel, ob ich einer Person vertrauen und ihre Äußerungen für wahr und aufrichtig halten kann, und es gibt die Zweifel, ob die Entscheidungen, die ich treffe, wirklich richtig und gut sind.

Und dann gibt es da noch Momente, die mich an der gesamten Menschheit und auch an meinem Glauben zweifeln lassen. Zum Beispiel, wenn Menschen einen Amoklauf begehen und anderen Menschen bewusst das Leben nehmen, so wie es vor einigen Wochen in Hamburg passiert ist. Dann gerät mein Vertrauen in das Leben und in meinen Glauben ins Wanken.

Im heutigen Evangelium hören wir ebenfalls von einem Menschen, der Zweifel in sich trägt. Wir hören von Thomas, einer der Jünger Jesu. Er ist nicht dabei, als Jesus den anderen Jüngern am Tag der Auferstehung erscheint. Seine Freunde berichten ihm im Nachhinein davon, aber er kann und will nicht einfach glauben, weil andere glauben. Er will sich selbst davon überzeugen. Er will sich selbst ein Bild machen. Er will selbst sehen, dass Jesus auferstanden ist. Vielleicht erkennen sich manche von uns auch im Wunsch des Thomas wieder. Mir geht es auf jeden Fall manchmal so und das ist auch vollkommen in Ordnung.

Und was macht Jesus? Anstatt ihm Vorwürfe zu machen, weil er nicht glaubt, geht er auf Thomas zu. Er weiß um seine Zweifel und seine Skepsis. Er bietet ihm an, seine Wundmale zu berühren. Damit würdigt Jesus sein Ringen, seine Bedenken. Thomas wurde aufgrund seiner Zweifel nicht ausgeschlossen aus der Gemeinschaft. Weil er seinen Zweifel lebt, ihn nicht unterdrückt, wird ihm, durch diesen hindurch, das Geschenk der wahrhaftigen Begegnung zuteil.

Jesus nimmt uns mit unseren Zweifeln und Anfragen, mit unserer Skepsis und unseren Bedenken ernst. Jeder ausgehaltene und ihm hingehaltene Zweifel wird nicht missachtet oder verurteilt, sondern irgendwann aufgelöst werden. Wichtig ist nur, dass wir uns mit unseren Zweifeln beschäftigen, sie nicht verdrängen und sie Jesus hinhalten. Nur dann können sie aufgelöst werden.

Und das ist doch eine wunderbare Nachricht für jede*n Einzelne*n von uns, oder?

Evangelium nach Johannes (Joh 20,19-31)

Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.

Thomas, der Didymus – Zwilling – genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind. Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Die Autorin

Louisa Pötter ist Gemeindeassistentin und arbeitet in der Pfarreiengemeinschaft Wallenhorst im Bistum Osnabrück. Dort ist sie unter anderem für die Firm- und Erstkommunionvorbereitung zuständig.

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreiben Ordensleute und Priester für uns.