Pressekonferenz zum Abschluss der DBK-Herbstvollversammlung

Bätzing: Bistümer beraten neuen Rechtsträger für Synodalen Ausschuss

Veröffentlicht am 28.09.2023 um 14:10 Uhr – Lesedauer: 

Wiesbaden ‐ Vier Tage lang haben die deutschen Bischöfe in Wiesbaden getagt. Der Synodale Weg, Geistlicher Missbrauch oder der Umgang mit der AfD waren nur einige der Themen der Herbstvollversammlung. Zum Abschluss hat nun Bischof Georg Bätzing Bilanz gezogen.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, hat angekündigt, dass weiter an einer Finanzierung des Synodalen Ausschusses gearbeitet wird. In der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) habe kein einstimmiger Beschluss gefasst werden können, sagte Bätzing bei der Abschluss-Pressekonferenz der Herbstvollversammlung am Donnerstag in Wiesbaden. "Daher beraten mehrere (Erz-)Bistümer derzeit über die Gründung eines Rechtsträgers, über den die 23 Bistümer, die dies im Ständigen Rat im Juni 2023 zugesagt haben, die Finanzmittel zur Arbeit des Synodalen Ausschusses bis 2026 abwickeln können", so Bätzing.

Im Juni hatte die DBK nach einer Sitzung des Ständigen Rates mitgeteilt, dass vier Bischöfe die Finanzierung eines Synodalen Ausschusses im Nachgang zum Synodalen Weg nicht zugestimmt hatten. Die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) stimmten gegen die geplante Finanzierung über den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Sie verwiesen auf Vorbehalte aus dem Vatikan. Der Synodale Ausschuss tagt in einer konstituierenden Sitzung am 10. und 11. November in Essen dennoch.  

Die Reflexion des Synodalen Weges war einer der Hauptthemen der Herbstvollversammlung, erklärte Bätzing. "Diese Standortbestimmung war wichtig." Der Studientag habe sicherlich nicht zu Veränderungen der Standpunkte der Bischöfe zu den Inhalten des Synodalen Weges beigetragen. Dennoch sei es möglich gewesen, sich über die Erfolge und Verletzungen des Reformprozesses auszutauschen. "Wir sind da auf einem gemeinsamen Lernweg", so Bätzing.   

UKA bleibt bei ihrem Verfahren für Anerkennungsleistungen

Darüber hinaus will die DBK laut ihres Vorsitzenden auch künftig an ihrem Verfahren zur Anerkennung erlittenen Leids festhalten. Nach dem Urteil des Landgerichts Köln, das im Juni einem Betroffenen einen Schadensersatz in Höhe von 300.000 Euro zugesprochen hat, rechnen die Bischöfe mit deutlich höheren Anerkennungsleistungen durch die Unabhängige Kommission (UKA). Einen Änderungsbedarf durch das Urteil konnten sie daher nicht erkennen. Bereits jetzt ist festgelegt, dass sich die Höhe der Anerkennungszahlungen an der staatlichen Rechtssprechung orientieren. Die UKA selbst hatte schon zuvor angekündigt, das Kölner Urteil in ihrer Spruchpraxis zu berücksichtigen.

"Deshalb ist die Vollversammlung den Vorschlägen des Betroffenenbeirates und dem damit verbundenen Systemwechsel nicht gefolgt", erklärte Bätzing mit Blick auf dessen Wunsch nach einem geänderten Verfahren.Der Beirat hatte gefordert, statt einer individuellen Anerkennungsprüfung Fälle in drei tatorientierte Grundpauschalen einzuordnen. Nach dieser Einordnung sollte den Betroffenen die Möglichkeit eines individuellen Prüfverfahrens offenstehen. Außerdem sollte das im Frühjahr eingeführte Widerspruchsverfahren verändert werden und Betroffenen ein Rechtsbeistand finanziert werden. Das als freiwilliges Verfahren konzipierte System verstehe sich als Ergänzung zum Zivilrechtsweg vor den ordentlichen Gerichten, so der DBK-Vorsitzende. Das Verfahren zur Anerkennung des Leids sei aber “schneller und niederschwelliger". Auch deshalb werde es beibehalten.

Ein AfD-Plakat vor einer Kirche
Bild: ©picture alliance/dpa-Zentralbild/Sascha Steinach

"Wir nehmen das Erstarken der Partei 'Alternative für Deutschland' (AfD), die zunehmend (rechts-)extreme und demokratiefeindliche Positionen vertritt, mit großer Sorge wahr", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, bei der Vollversammlung in Wiesbaden.

Seit der Frühjahrs-Vollversammlung beraten die Bischöfe außerdem über eine Neustrukturierung ihres Vorgehens zur Aufklärung und Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Im Laufe des Jahres habe sich die DBK intensiv mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, über Aufgaben und Befugnisse des geplanten Sachverständigenrats zum Schutz vor sexuellem Missbrauch und Gewalterfahrungen beraten, erklärte Bätzing. Das Gremium soll für Monitoring, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung in den Bereichen Prävention und Intervention zuständig sein. Das Statut des Sachverständigenrats wurde bei der Vollversammlung diskutiert und soll im Ständigen Rat im November 2023 beschlossen werden.

Die Mitglieder der Kommission sollen laut Bätzing durch eine unabhängige Auswahlkommission ohne kirchliche Beteiligung auf Grundlage von Bewerbungen zur Mitarbeit berufen werden. Auf diese Weise soll auch der Betroffenenbeirat, dessen erste Amtszeit in diesem Spätjahr ausläuft, neu besetzt werden. "Mit dem Sachverständigenrat, dem Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz und der bischöflichen Fachgruppe haben wir sehr gute Voraussetzungen, um alle Fragen im Themenfeld Prävention und Intervention mit vielfältigen Expertisen und Verantwortlichkeiten zu bearbeiten, Monitoring umzusetzen und Weiterentwicklung zu gestalten", betonte er. Damit würden die Bischöfe ihre Verantwortung übernehmen, "um heute und in Zukunft sexuellen Missbrauch und Gewalterfahrungen bestmöglich zu verhindern".

Besonderes Augenmerk auf Vernetzung der Betroffenenarbeit

Als Grundlage für die Aufarbeitung halten die Bischöfe an der im 2020 vereinbarten "Gemeinsamen Erklärung" von DBK und UBSKM fest. Darin wurde das System der unabhängigen Aufarbeitungskommissionen festgeschrieben. "Die Aufarbeitungskommissionen stehen für eine unabhängige, transparente und sorgfältige Aufarbeitung – wir Bischöfe vertrauen dieser unabhängigen Arbeit und Expertise", würdigte der DBK-Vorsitzende die Vereinbarung. Ausdrücklich unterstütze er das Anliegen der UBSKM, Aufarbeitung auch gesetzlich zu stärken: "Eine solche gesetzliche Regelung wäre auch ein wichtiger Ausdruck staatlicher Verantwortungsübernahme."

Papstbotschafter Nikola Eterovic sitzt in einer Kirchenbank
Bild: ©KNA/Werner Schüring

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, sieht das biblische Bild vom Menschen durch die "Gender-Ideologie" in Gefahr.

Bei der Neustrukturierung soll laut den Bischöfen ein besonderes Augenmerk auf die Vernetzung der Betroffenenarbeit gelegt werden. "Das Erfahrungswissen der diözesanen Betroffenenbeiräte aus ihrer Mitarbeit bei der Aufarbeitung ist ein wesentlicher Beitrag, um die Betroffenenrechte zu gestalten und zu stärken", betonte Bätzing. Die Bischöfe legten großen Wert darauf, möglichst viele Perspektiven der Betroffenen auch auf der Ebene des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz einzubinden.

Kritik an Nuntius Eterović

In seinem Grußwort zu Beginn der Vollversammlung hatte der Apostolische Nuntius Nikola Eterović ausgehend von der biblischen Schöpfungsgeschichte über Geschlechteranthropologie gesprochen. Laut Bätzing haben die Bischöfe den Nuntius in einer Aussprache darauf hingewiesen, "dass sowohl neue Erkenntnisse der Biowissenschaften als auch soziale Erkenntnisse in die bisher dominierenden klassischen Perspektiven zu integrieren seien, um Menschen heute erreichen zu können". Die von ihm verwendeten "harten Sprachbilder" seien nicht geeignet, um in einer sich verändernden Mitwelt gesprächsfähig zu bleiben. In diesem Sinn hätten sich die Bischöfe auch in der Synodalversammlung erklärt. Eterović hatte unter anderem davon gesprochen, dass das biblische Bild vom Menschen durch die "Gender-Ideologie" in Gefahr sei. Bedauerlicherweise sei "dieses Bild inzwischen auch in manchen Kreisen der Kirche in Vergessenheit geraten", während sich ein davon abweichendes, "teilweise sogar gegenteiliges Bild vom Menschen und seinem Wesen durchsetzt".

Bätzing erneuerte zudem seine Kritik an der AfD. "Wir nehmen das Erstarken der Partei 'Alternative für Deutschland' (AfD), die zunehmend (rechts-)extreme und demokratiefeindliche Positionen vertritt, mit großer Sorge wahr", so der Bischof. "Als Bischofskonferenz lehnen wir extremistische Äußerungen grundsätzlich ab, weil sie sowohl christlichen Überzeugungen widersprechen als auch schlichtweg inakzeptabel und intolerabel sind." Die Kirche dürfe extremistische Äußerungen niemals tolerieren und müsse reagieren, wenn derartige Positionen innerhalb der Kirche geäußert würden. "Wir Bischöfe werben dafür, dass unser Land kein alternatives Deutschland wird, das fremdenfeindlich, antieuropäisch und nationalistisch wird." Bereits bei seinem Auftakt-Statement am Montag hatte Bätzing sich kritisch zu der Partei geäußert.

Von Montag bis Donnerstag trafen sich die 65 Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zur Herbstvollversammlung im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden. Schwerpunkte der Beratungen waren ein Reflexionsprozess zum Synodalen Weg der Kirche in Deutschland und Fragen für die anstehende Weltsynode in Rom, die in der kommenden Woche beginnt. Außerdem wurde der aktuelle Stand der Neustrukturierung im Themenbereich sexueller Missbrauch diskutiert und ein Dokument zum Thema "Geistlicher Missbrauch" der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Bischöfe wählten am Dienstag außerdem den Fuldaer Bischof Michael Gerber zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden der DBK. (cbr/fxn)

Der vollständige Bericht

Der Pressebericht von Bischof Georg Bätzing zum Abschluss der DBK-Herbstvollversammlung 2023 ist auf der Seite der Deutschen Bischofskonferenz abrufbar.