Oft lange Verhandlungen: Konkordate zwischen Vatikan und Bundesländern

Eines der letzten noch fehlenden Bundesländer hat jetzt nachgezogen: Mit dem am Montag unterschriebenen Staatsvertrag zwischen dem Vatikan und dem Land Berlin haben nun bis auf Hessen alle Bundesländer in Deutschland ein Konkordat oder eine gleichwertige völkerrechtliche Abmachung mit dem Heiligen Stuhl. In Berlin regelt der neue Staatsvertrag die Zusammenarbeit beim Institut für Katholische Theologie, das seit 2019 an der Humboldt-Universität angesiedelt ist. 87 Studierende gibt es derzeit an dem Institut.
Die Bestimmungen betreffen das Studienangebot, die organisatorische Einbettung, das Promotionsrecht und die Berufung von Professorinnen und Professoren. Dabei hat die katholische Kirche ein Mitspracherecht, wie dies auch bei theologischen Einrichtungen anderer Religionsgemeinschaften an staatlichen Hochschulen der Fall ist.
Nachfolge für "abschließendes Protokoll"
Der Staatsvertrag löst die entsprechenden Bestimmungen im sogenannten Abschließenden Protokoll ab, das die Beziehungen zwischen Staat und katholischer Kirche seit 1970 für West-Berlin und seit 1991 auch für das wiedervereinigte Berlin regelt. Sie betrafen das 1957 an der Freien Universität gegründete Seminar für Katholische Theologie, das zugunsten des Zentralinstituts für Katholische Theologie aufgelöst wurde.
Die Bestimmungen des Konkordats zwischen Vatikan und Land Berlin betreffen unter anderen das Studienangebot in Theologie.
Bei den Verhandlungen ist es immer wieder zu Verzögerungen gekommen - ursprünglich war eine Unterzeichnung bis Ende 2022 geplant gewesen. Laut dem Leiter des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, Gregor Engelbreth, lag die Verspätung unter anderem in ungeklärten Abstimmungsfragen begründet. Auch die teilweise Wahlwiederholung in Berlin sowie der Regierungswechsel hätten zusätzlich für Verzögerung gesorgt.
Nun aber haben die Verhandlungen in der Unterschrift ihren Abschluss gefunden. Sobald das Berliner Abgeordnetenhaus grünes Licht gibt - schätzungsweise Ende des Jahres - kann der Staatsvertrag mit dem Vatikan in Kraft treten. Damit ist Berlin ein Nachzügler unter den Bundesländern, die teils bereits seit Jahrzehnten Konkordate oder Kirchenverträge mit den Ländern abgeschlossen haben.
Verträge quer durch die Jahrzehnte
Bislang war der Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl vom Januar 2009 der jüngste seiner Art. Wie in vielen anderen solcher Regelungen geht es dort inhaltlich etwa um die Bekräftigung des kirchlichen Selbstverwaltungsrechts, den katholischen Religionsunterricht, das kirchliche Friedhofswesen oder sogenannte Staatsleistungen.
Ebenfalls verhältnismäßig junge Verträge zwischen Land und Heiligem Stuhl können Baden-Württemberg (2007), Hamburg (2005), Bremen (2003) und Brandenburg (2003) aufweisen. Insbesondere die ostdeutschen Bundesländer haben ihre Verträge mit dem Vatikan in den 90er Jahren, relativ schnell nach der Wiedervereinigung, abgeschlossen. Der Vertrag stellte laut der Deutschen Bischofskonferenz das Mittel der Wahl dar, das zu Zeiten des DDR-Regimes nicht spannungsfreie Verhältnis zwischen Staat und Kirche auf eine neue, "vom Geist der neuen Verfassung getragene Grundlage" zu stellen. Außerdem: Da der Heilige Stuhl die DDR nicht als eigenständigen Staat anerkannte, konnten naturgemäß keine Konkordate geschlossen werden.
Das bislang am längsten bestehende Konkordat gibt es in Bayern: Das "Konkordat zwischen Seiner Heiligkeit Papst Pius XI. und dem Staate Bayern" datiert vom 29. März 1924. Allerdings gab es 2007 ein Zusatzprotokoll.
Mancherorts viele Diskussionen
In einigen Ländern sorgten die Staatsverträge für einige Diskussionen. So lag das Abkommen in Brandenburg wegen eines Streits mit den Kirchen lange Zeit auf Eis. Über neun Jahre zogen sich die Verhandlungen der Landesregierung mit dem Vatikan hin, bis der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der damalige Papst-Botschafter, Nuntius Giovanni Lajolo, das Abkommen am 12. November 2003 unterzeichneten.
Erzbischof Corrado Bafile (l.), Apostolischer Nuntius in Deutschland; der bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel (m.) und Kultusminister Ludwig Huber (r.), unterzeichnen am 7. Oktober 1968 in München den Vertrag zur Änderung der Artikel 5 und 6 des Bayerischen Konkordats vom 19. März 1924.
Streitpunkt war der Unterricht über religiöse Fragen an den staatlichen Schulen. Während SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollten, dass sie im Rahmen des neuen Pflichtfachs "Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde" (LER) behandelt werden, drangen die Kirchen auf ein konfessionelles Fach, wie es in den meisten anderen Bundesländern etabliert ist. Erst ein Kompromissvorschlag des Bundesverfassungsgerichts konnte den Konflikt beenden - demnach wurde der Religionsunterricht zwar kein "ordentliches Fach", aber die Schüler können ihn alternativ zu LER wählen.
Ungewöhnliches Bündnis
In Sachsen-Anhalt dagegen hat ein ungewöhnliches Bündnis den Vertrag zwischen Land und Vatikan auf den Weg gebracht. Dass im Januar 1998 der damalige Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) zusammen mit Lajolo seine Unterschrift unter das Papier setzen konnte, verdankte die seinerzeit rot-grüne Minderheitsregierung einer Oppositionspartei.
Dem Protestanten Höppner war es nicht gelungen, alle Mitglieder seiner Landtagsfraktion von dem Abkommen zu überzeugen, das nach dem Ende der DDR und der deutschen Wiedervereinigung möglich wurde. So war es die oppositionelle CDU, die schon vor der Unterzeichnung des Vertrags ihre Unterstützung signalisiert hatte. Zur Begründung hielt ihr Fraktionsvorsitzender Christoph Bergner den Kritikern entgegen, dass das Abkommen die katholische Kirche nicht bevorzuge, sondern vielmehr diese benachteiligt würde, wenn es nicht erfolge.