Sophia Kuby über Christenverfolgung im Nahen Osten

Den Genozid stoppen

Veröffentlicht am 26.02.2016 um 00:01 Uhr – Von Sophia Kuby – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Sophia Kuby über Christenverfolgung im Nahen Osten

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Der sogenannte Islamische Staat mordet, vergewaltigt, foltert, verklavt ungebremst in Syrien und im Irak und die Weltgemeinschaft sieht weitgehend herz- und regungslos zu. Wir erleben einen historischen Exodus unserer christlichen Brüder und Schwestern und anderer Minderheiten im Nahen Osten, aber aus der Ruhe bringen lassen wir uns davon nicht. "Wacht endlich auf!", rief Pater Douglas Bazi aus Erbil, Irak letzte Woche seinem Publikum im Europaparlament entgegen.

Dort und in anderen internationalen Institutionen tut sich in der Tat einiges in letzter Zeit: am 27. Januar hat der 47 Mitgliedsstaaten umfassende Europarat die Gräueltaten des IS überraschend als Genozid anerkannt. Kurz darauf folgte das Europaparlament mit einer Resolution, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt: Christen, Yezidis und andere religiöse und ethnische Minderheiten seien systematischer Verfolgung ausgesetzt, die man nun beim Namen nennen müsse: Völkermord, so die überwältigende Mehrheit der Parlamentarier.

"Völkermord" ist der stärkste Begriff, den das internationale Recht bietet, um absichtliches, systematisches Morden zu beschreiben – und rechtmäßig verurteilen zu können. Der Genozid-Experte Dr. Gregory Stanton, der ebenso letzte Woche im Europaparlament sprach, präsentierte Ergebnisse einer Studie, die zeigen, dass Völkermorde so lange weitergingen, so lange von "Verbrechen gegen die Menschheit", "ethnischer Säuberung" oder "Gräueltaten" die Rede sei. Ruanda, Kosovo, Srebrenica hätten gezeigt, dass dem Morden ein Ende gesetzt werden könne, sobald die internationale Gemeinschaft sich auf darauf einige, dass es sich um Völkermord handele, so Stanton. "Words do matter!", rief auch der Initiator der Resolution, der Schwedische Abgeordnete Lars Adaktusson, dem Plenum des Europaparlaments zu.

Derweil wird das Thema auch im House of Lords in Großbritannien heiß debattiert. Lord David Alton und weitere Lords haben letzte Woche einen flammenden Appell an Premierminister Cameron gerichtet, sich als ständiges Mitglied im UN Sicherheitsrat dort für eine entsprechende Resolution einzusetzen. Und gerade gestern schickten 62 Europaabgeordnete einen Brief an Ratspräsident Donald Tusk mit der dringenden Aufforderung, alles in seiner Macht stehende zu tun, diesen Völkermord beim Namen zu nennen und eine Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof zu unterstützen. Der US Kongress ist seinerseits dabei, eine ähnlich lautende Resolution durchzubringen und selbst Hilary Clinton sprach Ende Dezember von "Völkermord an Christen" in Syrien und im Irak.

Ein weltweiter Konsens scheint sich spät und langsam, aber deutlich herauszukristallisieren. Patriarch Louis Sako, Erzbischof von Baghdad, forderte Anfang Februar Parlamentspräsident Martin Schulz in einem offenen Brief auf: "Tun Sie alles, was Sie können, um diesen Völkermord zu beenden, bevor er vollendet ist". Beten wir dafür, dass die internationale Gemeinschaft zügig und entschieden in dieser Richtung weitergeht und ein Ende des Tötens damit näher rückt.

Die Autorin

Sophia Kuby ist Philosophin und leitet die Brüsseler Nichtregierungsorganisation European Dignity Watch.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Sophia Kuby