Zwei Punkte fehlen dem Aachener Bischof aber im Dokument

Dieser: Vatikan-Instruktion schränkt Synodalen Weg nicht ein

Veröffentlicht am 12.08.2020 um 16:10 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Während es hierzulande viel Kritik an der Vatikan-Instruktion zu Pfarreien gab, sieht der Aachener Bischof Helmut Dieser das Schreiben auf einer Linie mit den Reformprozessen in Deutschland. Dennoch vermisst er etwas in dem Dokument.

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Die Vatikan-Instruktion zu Pfarreireformen schränkt aus Sicht des Aachener Bischofs Helmut Dieser weder den Synodalen Weg noch den Reformprozess in seinem Bistum ein. Er sehe die Aufgabenstellung und Bedeutung des Synodalen Wegs "für den Weg der neuen Inkulturation des Evangeliums in unserem Land durch das neue Römische Dokument in keiner Weise als beschädigt oder gar erledigt an!" schrieb der Oberhirte in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme 

Der Synodale Weg suche mit seinen vier Foren nach Möglichkeiten, wie die Ortskirchen in einer pluralen und säkularen Gesellschaft das Evangelium glaubwürdig neu verkünden könnten. Der Reformprozess wolle so "in großer Verantwortlichkeit die konfliktiven Situationen innerhalb der Kirche überwinden und damit die Ausgangsbedingungen für eine neue Dynamik der Evangelisierung in unserem Land klären und neu erringen", so Dieser weiter. "Die Ergebnisse des Synodalen Weges sind nicht in Form einer versteckten liberalen Agenda schon längst vorgegeben!" 

Die Anliegen des Gesprächs- und Veränderungsprozesses "Heute bei dir" im Bistum Aachen würden durch die Instruktion ebenfalls vielmehr bestätigt und neu motiviert, statt eingeschränkt. "Was das Dokument fordert, ist ja gerade das Anliegen unseres Prozesses!" 

Evangelisierung ist Aufgabe der Pfarrei

Die römische Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirchelasse einen klaren Leitgedanken erkennen: "Die Pfarrei ist ein Organismus des kirchlichen Zusammenlebens von Christinnen und Christen, der nicht für sich selbst da ist, sondern eine unaufgebbare geistliche Aufgabe hat." Diese liege vor allem darin, einzelne Menschen existenzielle Erfahrungen mit dem Evangelium machen zu lassen. Die Instruktion fordere eine pastorale Umkehr und einen Aufbruch zur Erneuerung, "der die 'traditionellen pfarrlichen Strukturen' sämtlich einer grundlegenden Revision unterzieht", so Dieser.  

Der zweite Teil des Dokuments liefere jedoch keine Neuerungen, sondern eine Zusammenstellung und Betonung der geltenden kanonischen Regelungen. "Damit leistet das Dokument genau das selber nicht, was es eindrücklich einfordert: die konkrete Überprüfung aller geltenden Strukturen daran, ob sie eine missionarische Dynamik aufweisen bzw. wie sie erneuert werden müssen, damit sie die Strahlkraft des Evangeliums neu gewinnen", so der Aachener Bischof. Daher habe es in der deutschen Öffentlichkeit eine kontroverse Diskussion vor allem über den zweiten Teil des Schreibens gegeben. "Denn wer nur wiederholt und einschärft, was schon gilt, erweckt den fatalen Eindruck, das Neue abwehren zu wollen!" 

Dieser: Wenn der Synodale Weg scheitert, werden wir zu einer Sekte

Mit deutlichen Worten hat Aachens Bischof Helmut Dieser einen Erfolg des Synodalen Wegs angemahnt. Es gehe bei dem Reformprozess um dramatische Weichenstellungen, die darüber entschieden, ob die Kirche mit den Menschen auf Augenhöhe sprechen könne.

Zwei Punkte fehlen dem Aachener Bischof allerdings im Dokument. Am meisten vermisse er das synodale Prinzip der Kirche in der Vatikan-Instruktion. "Der Begriff der Synodalität kommt an keiner Stelle vor!", so Dieser. "Es fehlt mir die Klarstellung, dass die Gewissheit des Heiligen Geistes im 'Wir' der Kirche liegt." Die Kirche sei für ihren Weg durch die Zeit darauf angewiesen, den Willen Gottes gemeinsam zu erkennen. "Das Ich des Amtes und jedes Einzelnen muss zum Wir der Kirche führen und ihm dienen. Sonst drohen Machtmissbrauch und Willkür, Spaltung und Verwirrung." 

Daher vermisse er auch einen Ausdruck des Dankes gegenüber allen Getauften, "die in vielfacher Weise auch in Leitungsaufgaben der Kirche stehen." Gerade dies lasse die Abwehr von Bezeichnungen wie "Leitungsteams" im Schreiben so einseitig und anstößig wirken. Ohne die Beteiligung von Laien an der Leitungsverantwortung in der Kirche drohe das kirchliche Leben zusammenzubrechen.

Lob und Kritik von deutschen Bischöfen

Am 20. Juli hatte der Vatikan seine Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" veröffentlicht. Die große Mehrheit der deutschen Bischöfe hat mit Kritik auf das im Vatikan-Papier reagiert und die Instruktion unter anderem als realitätsfern und rückwärtsgewandt bezeichnet. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode etwa sieht in dem Papier eine "Umkehr zur Klerikalisierung".   

Einige Oberhirten kündigten an, trotz der Instruktion an ihren Plänen zu Pfarreienreformen festzuhalten. Es gab jedoch auch zustimmende Äußerungen. So verteidigten unter anderem der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt das Schreiben. Gemeinsam mit der Geschäftsführerin des Hildegardis-Vereins, Birgit Mock, ist Bischof Helmut Dieser Vorsitzender des Forums "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft" des Synodalen Wegs. (cbr)