Neues Motu Proprio "Traditionis Custodes" erschienen

Papst Franziskus schränkt Feier der Alten Messe ein

Veröffentlicht am 16.07.2021 um 12:25 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ 2007 hatte Papst Benedikt XVI. mit "Summorum Pontificum" die Feier der Alten Messe deutlich erleichtert. Jetzt nimmt Papst Franziskus die damaligen Regelungen wieder weitgehend zurück. Das Motu Proprio "Traditionis Custodes" sieht die ordentliche Form als "einzige Ausdrucksweise" des römischen Ritus.

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Papst Franziskus hat die Feier der "Alten Messe" größeren Einschränkungen unterworfen. Das am Freitag veröffentlichte Motu Proprio "Traditionis Custodes" ("Wächter der Tradition") legt fest, dass es dem Diözesanbischof obliegt, die liturgischen Feiern seiner Diözese zu regulieren und es in seiner alleinigen Zuständigkeit liegt, die Feier der Messe in ihrer außerordentlichen Form zuzulassen. Damit schränkt der Papst den von seinem Vorgänger Benedikt XVI. mit dem Motu Proprio "Summorum Pontificum" (2007) erleichterten Zugang zur "Alten Messe" deutlich ein.

Bischöfe müssen sicherstellen, dass Gruppen, die die Liturgie in der Form von 1962 feiern, nicht die Gültigkeit und Legitimität der Liturgiereform leugnen. Sie müssen eine oder mehrere Orte festlegen, an denen die Alte Messe gefeiert werden kann, jedoch nicht in Pfarrkirchen und ohne neue Personalpfarreien zu errichten. Neben weiteren Bestimmumgen müssen Bischöfe dafür Sorge tragen, dass keine neue Gruppen, die die außerordentliche Form feiern, errichtet werden. Das Motu Proprio legt zudem fest, dass die bisher auf Latein vorgetragenen Lesungen künftig in der Landessprache vorzulesen sind.

Scharfe Kritik des Papstes an spalterischen Tendenzen durch Alte Messe

In einem Begleitschreiben zum Motu Proprio betonte Papst Franziskus, dass die Ergebnisse einer von der Glaubenskongregation in seinem Auftrag durchgeführten Umfrage unter den Diöezsanbischöfen eine Situation zu Tage gefördert habe, die ihn "beunruhigt und bedrückt". "Bedauerlicherweise wurde das pastorale Ziel meiner Vorgänger, die beabsichtigt hatten, 'alles zu tun, damit alle, die wirklich den Wunsch nach Einheit haben, die Möglichkeit finden, in dieser Einheit zu bleiben oder sie neu zu entdecken', oft ernsthaft missachtet, so der Papst. Die Großherzigkeit der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sei "ausgebeutet" worden, "um die Trennungen zu vergrößern, die Unterschiede zu verstärken und Unstimmigkeiten zu fördern, die die Kirche verletzen, ihren Weg blockieren und sie der Gefahr der Spaltung aussetzen".

„Ein letzter Grund für meine Entscheidung ist folgender: Immer deutlicher wird in den Worten und Haltungen vieler der enge Zusammenhang zwischen der Wahl der Zelebrationen nach den liturgischen Büchern vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil und der Ablehnung der Kirche und ihrer Institutionen im Namen dessen, was man die "wahre Kirche" nennt.“

—  Zitat: Papst Franziskus, Begleitschreiben zum Motu Proprio

Zugleich zeigte sich der Papst traurig über liturgische Missbräuche allgemein, auch bei der Feier der Messe in der ordentlichen Form. Auch nach der Liturgiereform stehe der römische Ritus in Treue zur Tradition: "Wer mit Hingabe nach früheren Formen der Liturgie feiern möchte, findet im reformierten Römischen Messbuch nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil alle Elemente des Römischen Ritus, insbesondere den Römischen Kanon, der eines seiner prägenderen Elemente darstellt", betont der Papst.

Mit seiner Entscheidung wendet sich Franziskus auch dagegen, dass die Zurückweisung der Liturgiereform mit einer Zurückweisung des Zweiten Vatikanischen Konzils im Namen einer angeblich "echten Kirche" verbunden wird: "Zur Verteidigung der Einheit des Leibes Christi sehe ich mich gezwungen, die von meinen Vorgängern gewährte Möglichkeit zu widerrufen. Der verzerrte Gebrauch, der von dieser Möglichkeit gemacht wurde, steht im Widerspruch zu den Absichten, die zur Gewährung der Freiheit, die Messe mit dem Missale Romanum von 1962 zu feiern, geführt haben."

Zelebration der Alten Messe bedarf bischöflicher Genehmigung

Priester, die nach dem Erscheinen des neuen Motu Proprio ordiniert werden, müssen die Feier der Alten Messe bei ihrem Bischof beantragen, dieser hat vor seiner Genehmigung den Heiligen Stuhl zu konsultieren, Priester, die bereits die Alte Messe feiern, sollen bei ihrem Bischof um eine Genehmigung bitten, dies weiterhin zu tun. Die Gemeinschaften, die sich der Alten Messe verschrieben haben, fallen künftig unter die Zuständigkeit der Ordenskongregation, die zusammen mit der Gottesdienstkongregation den Heiligen Stuhl in allen Fragen der Alten Messe vertritt. Mit "Traditionis Custodes" werden alle zuvor geltenden Regelungen außer Kraft gesetzt, also auch "Summorum Pontificum". Die Unterscheidung des Römischen Ritus in eine "ordentliche" und eine "außerordentliche" Form nimmt das neue Motu Proprio nicht wieder auf. Stattdessen gilt die Feier der Messe in ihrer durch Paul VI. und Johannes Paul II. festgelegten Gestalt als "einziger Ausdruck der 'lex orandi' des Römischen Ritus".

Papst Benedikt XVI. hatte mit dem Motu Proprio "Summorum Pontificum" zum 14. September 2007 die Feier der Messe nach den Messbüchern von 1962 wesentlich erleichtert. Das Schreiben erkannte die alte und die neuere Form als gleichermaßen rechtgläubige, aber nicht gleichberechtigte Formen des römischen Ritus an. Normalform der Messe ist demnach die ordentliche Form, wie sie Papst Paul VI. in seiner Liturgiereform im Nachgang des Zweiten Vatikanischen Konzils verfügte. Die Feier der Liturgie in der letzten vor der Reform veröffentlichten Fassung von 1962 gilt als außerordentliche Form. Unter den Bestimmumgen von "Summorum Pontificum" wurde es allen Priestern erlaubt, die außerordentliche Form ohne Gemeinde ohne Einschränkungen zu feiern, Bischöfe sind gehalten, die Wünsche von Gläubigen nach der Alten Messe nach Möglichkeit zu erfüllen.

Paul VI. sah Festhalten an alter Form als "Symbol der Verurteilung des Konzils"

Papst Paul VI. hatte sich deutlich gegen Zugeständnisse für Priester und Bischöfe gewandt, die nach der Liturgiereform an der Alten Messe festhalten wollten. Gegenüber dem französischen Philosophen und Schriftsteller Jean Guitton bezeichnete er den Widerstand gegen die neue Liturgie als "Symbol der Verurteilung des Konzils". War die Verwendung der Liturgie in ihrer Fassung vor der Liturgiereform nach der Reform zunächst überhaupt nicht zugelassen, erlaubte Papst Johannes Paul II. in den 1980er Jahren die Feier der "Alten Messe" aus pastoralen Gründen und mit bischöflicher Sondergenehmigung. 1988 hatte er die Kommission Ecclesia Dei eingerichtet, die die Wiederherstellung der Einheit mit traditionalistischen Gruppen aus dem Umfeld von Erzbischof Marcel Lefebvre, dem Gründer der Piusbruderschaft, zum Auftrag hatte. Papst Franziskus hat die Kommission Ecclesia Dei 2019 aufgelöst und ihre Aufgaben an die Glaubenskongregation übertragen. 

Das neue Motu Proprio hatte sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Prominente Fürsprecher der Alten Messe hatten sich mit Plädoyers zu Wort gemeldet, so der ehemalige Präfekt der Liturgiekongregation, Kardinal Robert Sarah, der in Benedikt XVI. einen "Papst des liturgischen Friedens" sah, und der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen, der betonte, dass die "Alte Messe" seiner Einschätzung nach nicht zu Spaltungen unter den Gläubigen führe.

Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass die Glaubenskongregation die Bischöfe der Weltkirche nach ihren Erfahrungen mit der außerordentlichen Form und der Anwendung von "Summorum Pontificum" befragt hatte. Fürsprecher der Alten Messe reagierten besorgt auf die Umfrage, die auch nach negativen Aspekten gefragt hatte. Die später bekannt gewordenen Rückmeldungen aus der französischen Bischofskonferenz zeichneten ein Bild einer durch die Liturgie gespaltenen Kirche und stießen in traditionalistischen Kreisen auf Widerspruch. In einer eigenen Erhebung betonte die internationale Una-Voce-Föderation, eine Initiative zur Förderung der traditionellen Liturgie, dass die Alte Messe vor allem junge Menschen und Familien erreiche und keineswegs spalte. Schätzungen zufolge zelebriert etwa ein Prozent der Priester weltweit in der außerordentlichen Form. (fxn)