"Das führt bei einigen Bischöfen zu Nervosität und auch Angst"

Vatikanexperte zum Synodalen Weg: Spaltungsgefahr durch Reformgegner

Veröffentlicht am 13.04.2022 um 17:43 Uhr – Lesedauer: 

Köln/Vatikanstadt ‐ Zum dritten Mal haben sich Bischöfe mit einem Offenen Brief an die Bischöfe in Deutschland gewandt und vor Spaltung gewarnt. Der britische Vatikanexperte Christopher Lamb sieht die eigentliche Gefahr für ein Schisma aber nicht beim Synodalen Weg.

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Nach Einschätzung des britischen Vatikanexperten Christopher Lamb kommt die Gefahr eines Schismas in der katholischen Kirche nicht aus Deutschland. "Ich denke die wirkliche Gefahr für die Einheit der Kirche kommt nicht aus Deutschland, sondern aus den Ecken der Kirche, die sich weigern, sich auf Reformen einzulassen", sagte Lamb dem Kölner Portal "domradio.de" (Mittwoch). Es gebe in der Kirche derzeit viele Herausforderungen und Kontroversen, die man nicht ignorieren könne. "Was aber stimmt, ist, dass es eine potentielle Gefahr gibt, dass Deutschland zu schnell und zu weit mit einigen Reformideen voranschreitet, die der Rest der Kirche nicht bereit ist, mitzutragen", so der Vatikan-Korrespondent des britischen Magazins "The Tablet".

Mit Blick auf den Offenen Brief von 74 Bischöfen aus Amerika und Afrika zum Synodalen Weg sagte Lamb, dass jeder Brief, der von so vielen Bischöfen unterzeichnet werde, ernstgenommen werden müsse. Viele Unterzeichner seien als Gegner von synodalen Reformansätzen und Papst Franziskus bekannt. "Gleichzeitig gibt es Unterzeichner aus Afrika, die mich doch überraschen", so der Vatikanexperte. "Es scheint also doch ein breiteres Meinungsspektrum zu geben, als man vielleicht auf den ersten Blick erwarten würde."

Auch im Vatikan werden Kardinäle nervös

Der Grund für die Vielzahl an Offenen Briefen an die deutschen Bischöfe liege darin, dass Deutschland mit dem Synodalen Weg fundamentale Fragen stelle, die nicht länger ignoriert werden könnten. "Das führt bei einigen Bischöfen zu Nervosität und auch Angst", so Lamb. Die Briefe zeigten eine Verunsicherung, dass Deutschland in Fragen der Machtverteilung in der Kirche, der Sexualität, des Missbrauchs oder der Rolle der Frau etwas lostreten könne, das nicht eingefangen werde könne. Auch im Vatikan seien einige Kardinäle nervös und würden versuchen, gegen den Prozess vorzugehen. "Andere Kardinäle – und auch Papst Franziskus – wollen Deutschland die Freiheit zugestehen, zu tun, was nötig ist."

Insgesamt erledige Deutschland einen großen Dienst für die Weltkirche. "Deutschland leistet theologische Grundsatzarbeit, die für die Kirche überlebenswichtig ist, wenn sie eben im 21. Jahrhundert überleben will", erklärte Lamb. Dieser Dienst liege auch in den Fehlern, die beim Gehen des Weges entstünden.

In einem auf Montag datierten "brüderlichen Brief an unsere Mitbrüder in Deutschland" hatten 74 Bischöfe aus afrikanischen Ländern und den USA ihre "wachsende Sorge über den Charakter des gesamten Synodalen Weges und den Inhalt der synodalen Dokumente" ausgedrückt. Der Ernst der Lage ergebe sich "aus der Verwirrung, die der Synodale Weg bereits verursacht hat und weiterhin verursacht, und einem dadurch unweigerlich drohenden Schisma im Leben der Kirche", heißt es in dem unter anderem von den Kardinälen Raymond Burke, Wilfred Napier und George Pell unterzeichneten Schreiben. Das Dokument war der dritte Offene Brief von Bischöfen, die sich kritisch zum Synodalen Weg äußern. Zuvor hatte sich bereits die Polnische und die Nordische Bischofskonferenz an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, gewandt, der auf beide Briefe öffentlich geantwortet hat. (cbr)