Bischof Kohlgraf kritisiert Umgang des Papstes mit Kardinal Woelki
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf kritisiert den Umgang von Papst Franziskus mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Er halte es nicht für angemessen, wenn Franziskus über das vor rund einem halben Jahr eingereichte Rücktrittsgesuch des Kölner Erzbischofs weiter nicht entscheide, sagte Kohlgraf im Interview der Tageszeitung "Kölnische Rundschau" (Mittwoch online). "Der Papst muss sein Vorgehen vor seinem eigenen Gewissen verantworten. Aber welche neuen Erkenntnisse sollen noch dazukommen?"
Nach den Worten von Kohlgraf werden Entscheidungen durch Aufschieben nicht besser. Franziskus müsse entscheiden, "so oder so. Das habe ich nicht zu bewerten." Es sei wahrnehmbar, wie sehr das Kölner Erzbistum in dieser Frage gespalten sei. "Aber es wird weder dem Bistum noch dem Kardinal gerecht, da weiter zu warten", sagte der Bischof, der selbst aus dem Erzbistum Köln stammt und dort Ehrendomherr ist. Aufgrund der Vertrauenskrise im Erzbistum Köln hatte Franziskus Woelki gebeten, ein Rücktrittsgesuch zu verfassen. Zugleich sagte der Papst im Juni in einem Interview, dass er auf eine Beruhigung der Lage warte und ohne Druck entscheiden wolle. "Ich habe ihn an seinem Platz gelassen, um zu sehen, was passieren würde, aber ich habe sein Rücktrittsgesuch in der Hand."
Im Erzbistum Köln wird die ausbleibende Entscheidung des Kirchenoberhauptes zunehmend als Belastung empfunden. Laienvertreter Tim Kurzbach sprach von einem "Nervenkrieg zwischen Rom und Köln". Unverständnis äußerten auch Mitglieder des obersten Beratungsgremiums des Erzbischofs. Der Kölner Generalvikar Guido Assmann hatte bereits Ende Juli für eine baldige Entscheidung plädiert. "Sollte er dem Erzbischof eine andere, neue Aufgabe zuweisen, wäre auch das eine Aussage", so Assmann. Woelki zeigte sich in der vergangenen Woche entschlossen, trotz der ausstehenden Entscheidung über seinen Amtsverzicht die Zukunft des Erzbistums gestalten zu wollen. Die Rede von einer Hängepartie wies er zurück: "Was heißt Hängepartie? Das Erzbistum hat einen Bischof und ich tue meinen Dienst. Dazu habe ich den Auftrag des Papstes", sagte er im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Kritik an Kyrill I.
Weiter kritisierte Kohlgraf, der auch Präsident der katholischen Friedensbewegung Pax Christi ist, in dem Interview den Moskauer Patriarchen Kyrill I. für dessen religiöse Rechtfertigung des Krieges gegen die Ukraine. "Sein Agieren ist ein gutes Beispiel für das Gewaltpotenzial von Religion", sagte der Bischof. "Da sieht man, was passiert, wenn Religion herhält, um machtpolitische Positionen zu untermauern", so Kohlgraf. Das sei auch aus der westeuropäischen Geschichte bekannt. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche hatte Gegner Russlands etwa als "Kräfte des Bösen" bezeichnet.
Zur Haltung des Papstes zum Ukraine-Krieg sagte der Bischof, der Vatikan setze "seit 100 Jahren auf Diplomatie", wolle Gesprächspartner für beide Seiten bleiben "und sich deshalb nicht zu eindeutig auf eine Seite stellen". Kohlgraf weiter: "Wir können das richtig oder falsch finden, so sieht die Friedenspolitik des Vatikan aus, und ich glaube auch, dass die diplomatischen Kanäle heißlaufen." In der Sache habe der Papst deutlich gemacht, "was er von diesem Krieg hält, auch ohne Kyrill herauszustellen". Sinnvoll wäre es, so der Bischof, wenn der Papst in beide Länder reise. "Um der angegriffenen Ukraine beizustehen und in Russland ein deutliches Signal zu setzen: Theologisch geht das so nicht." (tmg/KNA)
