Gerold Reinbott bedauert Auflösung des Bundesverbandes der Pfarrhaushälterinnen

Pfarrer: Als Priester allein im Pfarrhaus zu leben ist schwer

Veröffentlicht am 23.07.2025 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Mainz ‐ Pfarrer Gerold Reinbott ist geistlicher Beirat der Pfarrhaushälterinnen in Deutschland. Dass sich der Bundesverband dieser Berufsgruppe nun auflöst, findet er gar nicht gut. Im Interview mit katholisch.de erklärt der Geistliche, warum – und erzählt auch, wer für ihn die Hausarbeit erledigt.

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"Pfarrer brauchen eine Haushälterin", ist sich Pfarrer Gerold Reinbott sicher. Der 74-Jährige ist Pfarrverwalter in Sankt Joseph in Mainz und hält regelmäßig Messen im Mainzer Dom. Nächstes Jahr wird er in Ruhestand gehen. Daher ist er froh, wenn sich jemand um ihn kümmert und er nicht alleine im Pfarrhaus ist. Ehrenamtlich engagiert sich Reinbott als geistlicher Beirat im Bundesverband der Pfarrhaushälterinnen Deutschlands. Dass sich der bundesweite Verband nun auflösen will, findet der Geistliche nicht so gut. Im Interview mit katholisch.de erklärt er, warum es Pfarrhaushälterinnen braucht. 

Frage: Pfarrer Reinbott, der Bundesverband der Pfarrhaushälterinnen hat sich aufgelöst – wie kam es dazu?

Reinbott: Der Vorstand der Pfarrhaushälterinnen, wie er momentan noch besteht, übt das Amt schon seit zehn Jahren aus. Die bisherigen Pfarrhaushälterinnen, die für ihre Bistümer gesprochen haben, wollen und können nicht mehr weitermachen. Es hat sich niemand gefunden, der dazu bereit ist, deren Aufgaben im bundesweiten Vorstand zu übernehmen. Zwar gibt es weiterhin die Diözesanverbände der Pfarrhaushälterinnen, nur den Bundesdachverband nicht mehr. Der soll im nächsten Jahr offiziell von der Bischofskonferenz aufgelöst werden. Wir haben das bei unserer letzten Versammlung so entschieden. Da ist nun nichts mehr zu machen, es ist zu Ende. Ich bedauere es sehr, dass es so gekommen ist. Ich konnte es auch nicht verhindern und denke, dass es viel mit dem gewandelten Berufsprofil zu tun hat.

Frage: Wie meinen Sie das?

Reinbott: Früher war die Pfarrhaushälterin eine Frau, die meist unverheiratet war oder eine Schwester des Pfarrers, die dazu bereit war, im Haushalt des Pfarrers zu wohnen und zu helfen. Sie war ganztags damit beschäftigt. Solche Frauen oder auch Männer finden sich heute kaum noch. Es ist manchmal leichter jemanden zu finden, der nur stundenweise ins Pfarrhaus kommt und die anstehenden Aufgaben erledigt, als eine hauptamtliche Haushälterin.

Frage: Könnte es vielleicht auch an der Bezahlung der Pfarrhaushälterinnen liegen?

Reinbott: Das Gehalt ist vom jeweiligen Bistum festgelegt und wird direkt an die Haushälterin überwiesen. Der Pfarrer bekommt dafür sogar einen eigenen Zuschuss. Das war früher alles nicht so geregelt. Früher durften die Haushälterinnen im Pfarrhaus wohnen und sich dort versorgen, aber sie bekamen meist kein Geld für ihren Dienst. So konnten sie ausgenutzt werden. Wenn der Pfarrer beispielsweise verstorben ist, dann waren sie danach mittellos. Daher haben sie sich bundesweit besser organisiert und so ist der Bundesverband entstanden. Pfarrhaushälterinnen bekommen jetzt einen Arbeitsvertrag, sind fest angestellt und rentenversichert. Doch wenn ich ehrlich bin, werden die Pfarrhaushälterinnen nicht so bezahlt, dass es lukrativ für sie wäre. Sie kriegen zwar ihr Gehalt, aber reich werden sie davon bestimmt nicht.

Frage: Warum sollte es dennoch ein Gewinn für eine Frau oder einen Mann sein, in einem Pfarrhaushalt zu arbeiten?

Reinbott: Früher war es schon etwas Besonderes, wenn eine junge Frau sich dazu entschieden hat, zu einem Pfarrer ins Pfarrhaus zu ziehen. Das war sicherlich eine Herausforderung und auch nicht immer einfach. Aber wenn es funktioniert hat und die beiden gut miteinander zurechtkamen, dann konnte die Pfarrhaushälterin auch als Seelsorgerin wirken. Sie hat die Tür für die Menschen aufgemacht, die zum Pfarrer kamen und war oft die erste Ansprechpartnerin. Ich finde es schön, wenn ich in ein Pfarrhaus komme und mich dort eine Pfarrhaushälterin freundlich empfängt und mit mir redet. Dann fühle ich mich gleich wohl. Es gab aber auch Haushälterinnen, die ihren Pfarrer streng bewachten und darauf achteten, wer zu Besuch kommen durfte und wer nicht. Aber ich denke, das sind Einzelfälle. Eine Pfarrhaushälterin sorgt vor allem dafür, dass der Haushalt des Pfarrers nicht verwahrlost und alles in Ordnung bleibt. Auf der anderen Seite gibt es bestimmt Priester, die das nicht mögen, wenn sich Frauen einmischen. Das geht dann nicht gut. Wir Priester sind vielfach Einzelgänger. Manche leben auch in einer Priestergemeinschaft zusammen, doch das funktioniert nicht immer reibungslos. Was ich beobachte, ist, dass die jungen Priester heute so erzogen werden, dass sie mit einer Selbstverständlichkeit ihren eigenen Haushalt erledigen, selbst kochen oder die Wäsche bügeln. Das finde ich gut, denn das kenne ich von mir selbst nicht. Meine Mutter hätte das früher nie geduldet, wenn ich im Haushalt mitgeholfen hätte.

Bild: ©Tobias Blum / Bistum Mainz / Montage katholisch.de (Archivbild)

Pfarrer Gerold Reinbott (Mitte) und Bischof Peter Kohlgraf im Gespräch mit Pfarrhaushälterinnen im Bistum Mainz.

Frage: Haben Sie eine Haushälterin?

Reinbott: Ja, ich hatte 20 Jahre lang eine Haushälterin, die aber nicht bei mir im Haus gelebt hat. Sie ist verheiratet, hat Kinder und kam jeden Tag zum Arbeiten ins Pfarrhaus. Jetzt ist sie im Ruhestand und wir treffen uns ab und zu noch. Davor wachte meine Mutter jahrelang über meinen Haushalt.

Frage: Wie kam das?

Reinbott: Damals war ich Kaplan und 30 Jahre alt. Mir wurde von heute auf morgen eine Pfarrerstelle übertragen, die dringend besetzt werden sollte. Der Personalreferent hat mir damals geraten, dass ich jemanden als Hilfe in den Haushalt hole. Da habe ich meine Eltern gefragt und sie sind zu mir ins Pfarrhaus gezogen. Sie wollten erst nur solange mitkommen, bis ich jemand anderen gefunden habe. Aber dann hat es ihnen so gut bei mir gefallen, dass sie geblieben sind. Meine Mutter hat den Haushalt versorgt und mein Vater sich um den Garten gekümmert. Später hatten wir dann noch eine Reinigungsfrau, die beim Saubermachen half. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen. Meine Mutter fand es gut, dass im Pfarrhaus immer etwas los war. Das war eine geschenkte und erfüllte Zeit für mich als Priester. Heute hilft mir eine Frau im Haushalt, die ich auf Mini-Job-Basis angestellt habe. Sie ist in einem anderen Beruf tätig und kommt zwei Mal in der Woche zu mir, macht die Wäsche und hält das Haus sauber. Ich bin 74 Jahre alt und kann manches nicht mehr so gut allein machen. Ich bin froh, dass ich heute im Pfarrhaus Unterstützung habe. Ich muss jemanden haben, der um mich herum ist, sonst fühle ich mich allein. Nächstes Jahr gehe ich in den Ruhestand, da bin ich dann froh, wenn jemand ab und zu im Haus ist und mit mir spricht. Sonst sitze ich allein am Tisch und kann mich mit niemandem unterhalten.

Frage: Denken Sie, wenn Priester heute den Zölibat freiwillig wählen könnten, wäre das besser und sie wären nicht so einsam?

Reinbott: Nein, ich bin das Alleinsein gewöhnt. Einsam bin ich nicht. Als ich 1976 in Mainz zum Priester geweiht wurde, habe ich mich bewusst für den Zölibat entschieden und die damit verbundene Lebensform voll übernommen. Ich war mir sicher, dass ich das so möchte. Heute bin ich Teil einer Priestergemeinschaft, mit der ich mich ab und zu austausche. Ich kann das schon – allein leben. Als Kaplan habe ich früher öfters mit einem Pfarrer zusammengewohnt und das fand ich gut. Sowas gibt es heute aber auch nicht mehr. Viele Kapläne wollen lieber ihre eigene Wohnung. Was den Zölibat angeht, so finde ich, dass er zum Priestertum dazu gehört. Das sollte auch so bleiben. Ich kenne viele alte Leute, die im Altenheim sitzen und mir erzählen, dass sie eine große Familie haben und Kinder und Enkel, aber niemand würde zu Besuch kommen. Das macht mich nachdenklich. Ich habe zumindest Neffen und Nichten, die ich ab und zu sehe.

Frage: Wir hatten eine Geschichte auf katholisch.de, in der von einer Pfarrhaushälterin erzählt wird, die seit 65 Jahren bei ihrem Pfarrer lebt. Sehen Sie da möglicherweise Gefahren, dass so etwas in eine Liebesbeziehung übergehen kann?

Reinbott: Von solchen Liebesgeschichten habe ich wenig Ahnung. Da wird immer viel spekuliert. Es gibt einfach Lebensmodelle, die andere Leute nur schwer nachvollziehen können. Da wird dann schnell was hineininterpretiert. Ich möchte aber nicht bestreiten, dass auch so etwas vorkommen kann. Also, dass sich der Pfarrer oder die Haushälterin mal in den anderen verliebt. Ich denke, das ist menschlich. Die beiden müssen dann halt einen guten Weg finden. Aber in der Regel ist es ein Arbeitsverhältnis. Ich finde es bewundernswert, wenn zwei Personen so lange miteinander gut zurechtkommen und glaube, dass es nur dann schwierig wird, wenn der Pfarrer vor der Haushälterin stirbt. Denn die Pfarrhaushälterin kann nicht so trauern, wie eine Witwe um ihren Ehemann trauert. Aber sie trauert trotzdem.

Frage: Wenn sich heute eine Frau oder ein Mann als Pfarrhaushälter/in bewerben möchte, was sollte sie oder er mitbringen?

Reinbott: Eine Pfarrhaushälterin sollte schon eine katholische Frau sein. Es wäre gut, wenn sie sich im Haushalt auskennt, mit den Aufgaben eines Pfarrers vertraut ist und sich für die Seelsorge interessiert. Sie ist eine wichtige Ansprechpartnerin und Mitarbeiterin des Pfarrers. Sie empfängt die Leute, spricht mit denen, führt Gespräche, erfährt aber auch Vertraulichkeiten. Ich hoffe daher, dass der Beruf der Pfarrhaushälterin nie ausstirbt. Ich finde, als Priester so allein im Pfarrhaus zu leben, das geht nur schwer. Gerade jetzt, wo die Pfarreien größer werden, brauchen die Geistlichen jemanden, der sie unterstützt. Ich denke, manche Priester würden auch zugrunde gehen, wenn die Pfarrhaushälterinnen fehlen würden. Aber leider machen das heute nicht mehr so viele. Im Bistum Mainz gibt es noch fast 40 Pfarrhaushälterinnen. Manche davon sind schon in Rente. Daher freue ich mich darüber, wenn sich jemand für diesen Beruf interessiert.

Von Madeleine Spendier