Standpunkt

Die Christen im Nahen Osten nicht vergessen

Veröffentlicht am 23.07.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Strack – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wie verschiedene Politiker auf den Nahostkonflikt schauen, sagt einiges aus, beobachtet Christoph Strack. Etwa, wenn es um Akzentsetzungen gehe – und den Blick auf die Christen. Da gebe es in Deutschland noch Nachholbedarf.

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Manchmal reicht ein kleiner Unterschied. Vor einigen Tagen bilanzierte Bundeskanzler Friedrich Merz in der Bundespressekonferenz den Beginn der Koalition und die Weltlage. Irgendwann ging es auch um die dramatische Lage im Gazastreifen, in Israel, den Palästinensergebieten. Ausdrücklich kritisierte Merz "die Siedlungspolitik im Westjordanland. Sie findet nicht die Zustimmung der Bundesregierung".

Am gleichen Tag äußerte sich auch der französische Präsident Emmanuel Macron. Zuvor hatte er mit dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, telefoniert. "Ich habe ihm gegenüber die Solidarität Frankreichs mit allen Christen Palästinas bekräftigt, die heute von Gaza bis Taybeh bedroht sind", so Macron. Taybeh – das macht den Unterschied.

Manchmal reicht ein kleiner Unterschied.

Klar, die Lage im Gazastreifen ist fürchterlich. Wohl an die zwei Millionen Palästinenser leiden unter Hunger und israelischem Beschuss, Zigtausende wurden getötet. Und nach wie vor sind Dutzende israelische Geiseln in den Händen von Hamas-Terroristen.

Doch im Schatten dieses Grauens eskaliert die Situation auch in palästinensischen Gebieten. Wiederholt hatten radikale israelische Siedler in den vergangenen Wochen in Taybeh randaliert, Olivenhaine zerstört, Autos und Wohnhäuser angezündet, wohl auch ein Feld nahe der Ruinen der historisch wichtigen Kirche des Ortes. Diese Extremisten können das tun, weil niemand die Aggression mit Entschiedenheit stoppt. Extremisten sind Teil der israelischen Regierung. Und der katholische Pfarrer beklagte Untätigkeit der Sicherheitsbehörden.

Taybeh, das einzig verbliebene christliche Dorf im Land, leidet in diesen Wochen. Der US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, ein Trump-Mann, sprach nach einem Besuch vor Ort mit Blick auf Attacken gegen die Kirche-Ruine von einem "Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen Gott".

Doch am Statement von Macron fällt noch etwas auf. Der Präsident hatte zuvor mit Patriarch Pizzaballa telefoniert. Kann sich irgendjemand an die Schilderungen aus dem Mund der letzten deutschen Außenminister oder Kanzler nach ihrem Austausch mit Patriarch Pizzaballa erinnern? Oder auch mit dem evangelischen Propst in Jerusalem?

Nein? Eben. Als Pizzaballa im März in Deutschland war, konnte er keine Begegnung mit einem deutschen Spitzenpolitiker schildern. Nicht eine. Berlin stand auch nicht auf seinem Reiseplan.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist Fachredakteur der Deutschen Welle für Religion und Religionspolitik.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.