Rom verstehe Begriff Synodalität anders als Deutschland

Voderholzer: Wehre mich gegen Zerrbild bischöflicher Autorität

Veröffentlicht am 31.07.2025 um 09:26 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Papst Franziskus und Nachfolger Leo XIV. verstünden unter dem Begriff Synodalität etwas "völlig anderes" als die Kirche in Deutschland, ist Bischof Rudolf Voderholzer überzeugt. Auch zur Debatte um Frauke Brosius-Gersdorf äußert er sich noch einmal.

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Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat seine Kritik am Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland erneuert. Papst Franziskus und auch sein Nachfolger Leo XIV. verwendeten den Begriff Synodalität, verstünden darunter aber etwas "völlig anderes" als das, "was in Frankfurt praktiziert wurde", sagte Voderholzer der katholischen Würzburger Wochenzeitung "Die Tagespost".

Hierzulande werde darin ein politisches Strukturelement gesehen, verbunden mit einem starken Veränderungswillen, führte der Bischof aus. Anders bei Papst Franziskus. Ihm sei es um einen Stil des kirchlichen Lebens gegangen, um kirchliche Gemeinschaft, um gemeinsames Hören auf den Heiligen Geist. "Damit bin ich voll einverstanden."

"Zerrbild bischöflicher Autorität"

Wie der Synodale Ausschuss weitergehe, bleibe abzuwarten, erklärte Voderholzer. Es sei Sache des Trägervereins, wie man mit Rom in einer Weise weiterarbeite, die die Einheit der Kirche bewahre. "Ich wehre mich jedenfalls gegen das Zerrbild bischöflicher Autorität, als ob wir absolutistisch über unsere Gläubigen herrschen. Wer den Alltag eines Bischofs kennt, weiß, wie stark wir eingebunden sind in Beratung, Mitwirkung, Kooperation – eben Synodalität."

Der aktuell aus 70 Mitgliedern bestehende Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des 2019 von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gestarteten Synodalen Wegs. Voderholzer wirkt in dem Gremium nicht mit. Zugleich monierte der Bischof, dass vonseiten der Bischofskonferenz bisher vermieden werde, kritische Stimmen zum Synodalen Weg am Gespräch mit Vatikanvertretern zu beteiligen. "Das wird wiederum in Rom kritisch gesehen. Wenn Dialog und Versöhnung gewünscht werden, darf man kritische Stimmen nicht ausschließen", sagte Voderholzer.

Bild: ©picture alliance / teutopress (Archivbild)

Auch in der Debatte um Frauke Brosius-Gersdorf als Bundesverfassungsrichterin äußerte sich Voderholzer erneut.

Weiter sieht Voderholzer die Gefahr, dass der im Grundgesetz verankerte Begriff der Menschenwürde zunehmend abgestuft werden könnte. Dieser sei aber kein juristischer, sondern ein philosophischer Begriff, der zu den Vorgaben gehöre, von denen eine freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung lebe, sagte der Bischof. Er verwies auf den früheren Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, der schon 2003 vor Versuchen gewarnt habe, den entsprechenden Artikel 1 aufzuweichen.

In der Diskussion um die von der SPD als Kandidatin für das Amt einer Bundesverfassungsrichterin vorgeschlagenen Frauke Brosius-Gersdorf hatte sich auch Voderholzer zu Wort gemeldet. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem Passauer Bischof Stefan Oster von Anfang Juli äußerten die beiden ihre Bedenken an der Juristin: "Wer die Ansicht vertritt, dass der Embryo oder der Fötus im Mutterleib noch keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe als der Mensch nach der Geburt, vollzieht einen radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung." Wer derartige Positionen vertrete, dem dürfe nicht die verbindliche Auslegung des Grundgesetzes anvertraut werden.

"Kein Freund der Demokratie"

Im Interview mit der "Tagespost" legte Voderholzer nach: "Bevor Vertreter einer solchen Sichtweise in das höchste Gericht berufen werden, bedarf es einer öffentlichen Debatte." Hier gehe es um den Kern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, dem vom Grundgesetz selbst eine "Ewigkeitsgarantie" zugesprochen werde. Der Bischof verwahrte sich dagegen, mit seiner Kritik in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden. "Im Gegenteil: Wer einer solchen Debatte ausweicht, ist kein Freund der Demokratie."

Der Begriff der Menschenwürde wurzele in der Tradition des deutschen Idealismus, führte Voderholzer aus. Für den Philosophen Immanuel Kant sei offensichtlich gewesen, dass die menschliche Person ein Zweck an sich selbst sei, der keinen anderen Interessen untergeordnet oder gar geopfert werden dürfe. "Die christliche Perspektive stimmt mit dieser Sicht überein und begründet sie mit Hinweis auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen auch noch religiös", erläuterte der Bischof.

Bild: ©picture alliance/Stefano Spaziani (Archivbild)

2027 wäre Benedikt XVI. 100 Jahre alt geworden – Grund für den Abschluss der Gesamtausgabe seiner Schriften.

Weiter äußerte sich Voderholzer zur Gesamtausgabe der Schriften von Papst Benedikt XVI./Joseph Ratzinger, der 2027 100 Jahre alt geworden wäre. Aus diesem Grund habe sich das nach ihm benannte Institut in Regensburg das Ziel gesetzt, bis dahin die Gesamtausgabe seiner Schriften zum Abschluss zu bringen. Noch in diesem Jahr erscheine Band 15 mit den Texten zur Autobiografie, "wie immer auch mit bisher Unveröffentlichtem". Der letzte Band mit der Nummer 16 werde dann ein ausführliches Register und die Bibliografie bringen.

Papst Benedikt XVI. (1927–2022) hatte 2007 den damaligen Bischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, mit der Herausgabe seines gesamten theologischen Werkes bis zur Papstwahl am 19. April 2005 betraut. Dieser gründete daraufhin das Institut zur wissenschaftlichen Betreuung des mit dem Herder-Verlag Freiburg geplanten Editions-Projektes. Direktor ist seither Voderholzer. Ziel der "Joseph Ratzinger Gesammelten Schriften" sei es, das theologische Werk Ratzingers in einer Kombination von systematischer und chronologischer Ordnung zu erschließen, heißt es.

Nach den Worten Voderholzers wird zu den Texten von Band 15 ein Symposium geplant. Zudem solle mit Kooperationspartnern aufgezeigt werden, welchen Beitrag Benedikt XVI. zur Deutung des kirchlichen Lebens in Bayern, Deutschland und Europa geleistet habe, besonders mit seiner Sicht auf Europa als geistige Größe. "Für ihn ist Europa aus drei Wurzeln hervorgegangen: griechische Philosophie, römisches Rechtsverständnis und biblische Offenbarung. Daraus ist eine geistige Synthese entstanden, die wir neu ins Gespräch bringen möchten", so der Bischof. (tmg/KNA)