Solidarität mit Theologin: Streit um Frauendiakonat eskaliert

Rund 348 Theologinnen und Theologen haben in einem Offenen Brief den Kommunikationsstil innerhalb der katholischen Kirche kritisiert und ihre Solidarität mit der italienischen Theologin und Papstberaterin Linda Pocher bekundet. Die Initiative geht auf den italienischen Theologen und Publizisten Andrea Grillo zurück, der den Brief am Sonntag auf seinem Blog und in der Zeitschrift "Settimana News" veröffentlichte. "Wenn man im öffentlichen Diskurs keine überzeugenden Argumente hat, diskreditiert man die Person, von der man abweicht", heißt es darin.
Auslöser war ein Beitrag auf dem Portal "Silere non possum", das Pochers Argumentation in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" zum Frauendiakonat scharf angriff. Pocher hatte darin betont, die erneute Verzögerung bei der Entscheidung über ein mögliches Weiheamt für Frauen in der katholischen Kirche sei ein kulturelles Problem. Ein endgültiges Ende der Debatte sieht sie jedoch nicht: "Meiner Meinung nach ist es weder ein Schritt vorwärts noch ein Schritt zurück, aber es gibt mehr Klarheit darüber, was auf dem Spiel steht."
"Unbegründete Schärfe"
Das Portal warf der Theologin vor, die Realität zu verzerren und Aussagen zu tätigen, "die nicht nur nicht katholisch sind, sondern den Lesern dieser ohnehin voreingenommenen Zeitung eine völlig verzerrte und unwahre Darstellung des Themas vermitteln". Das Thema bewege sich nicht auf kultureller, sondern auf strikt theologischer Ebene, heißt es weiter. Grillo kritisierte im Offenen Brief die "unbegründete Schärfe" des Artikels und bezeichnete ihn als "persönlichen Angriff auf Professorin Pocher", der zumindest teilweise ihre Beobachtung bestätige – nämlich "dass im kirchlichen Diskurs über das weibliche Diakonat ein nicht unerheblicher Anteil eines Problems des Sexismus eine Rolle spielt, aus dem man offenbar nur schwer mit einem Mindestmaß an Stil herausfindet". Mit Blick auf die Diskreditierungsvorwürfe gegenüber dem Portal erklärte Grillo, ein solches Vorgehen passe schlecht zu jenen, die den Anspruch erheben würden, das Wesen des Weihesakraments verteidigen zu wollen.
Eine noch von Papst Franziskus eingesetzte Studienkommission zum Frauendiakonat hatte in der vergangenen Woche ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin hält sie die Frage der Weihe von Diakoninnen weiterhin "offen für weitere theologische und pastorale Vertiefungen", auch wenn Frauen nach aktuellem Stand nicht zur Weihe zugelassen werden könnten: "Der status quaestionis in Bezug auf die historische Forschung und die theologische Untersuchung schließt die Möglichkeit aus, in Richtung einer Zulassung von Frauen zum Diakonat als Stufe des Weihesakraments voranzuschreiten", heißt es in dem Vatikan-Bericht. "Im Lichte der Heiligen Schrift, der Tradition und des kirchlichen Lehramtes ist diese Einschätzung eindeutig, auch wenn sie es derzeit nicht erlaubt, ein endgültiges Urteil zu fällen – wie es bei der Priesterweihe der Fall ist."
Pocher gilt als Expertin für die Frauenfrage in der katholischen Kirche. Auf Wunsch von Papst Franziskus (2013–2025) organisierte die Ordensschwester eine Vortragsreihe zur Rolle der Frau in der Kirche. Sie richtete sich an den Kardinalsrat, das engste Beratergremium des im April verstorbenen Papstes. Bei den Veranstaltungen kam unter anderem auch eine anglikanische Bischöfin zu Wort. (mtr)