Dorothea Sattler zu Eucharistie und Abendmahl

Was uns verbindet, was uns trennt

Veröffentlicht am 07.01.2015 um 00:50 Uhr – Von Margret Nußbaum – Lesedauer: 
Zwei Hände in Nahaufnahme zerbrechen eine Hostie.
Bild: © KNA
Eucharistie

Münster ‐ Dürfen Katholiken am protestantischen Abendmahl teilnehmen – und Protestanten an der katholischen Eucharistiefeier? Darüber sprach katholisch.de mit Ökumene-Expertin Dorothea Sattler.

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Frage: Frau Sattler, gibt es Verbindendes zwischen der katholischen Eucharistie und dem evangelischen Abendmahl?

Sattler: Ja, beide christlichen Kirchen sind sich einig, dass Jesus Christus vor seinem Tod beim letzten Abendmahl dieses Sakrament selbst eingesetzt hat. Zum Gedächtnis Jesu, in Dankbarkeit für sein Leben und Sterben, feiern alle Christen Eucharistie. Im Laufe der Zeit aber kam es zu unterschiedlichen Deutungen. Diese Entwicklung begann bereits im Altertum.

Frage: Wie ist das Verständnis von Eucharistie in der katholischen Kirche?

Sattler: Bei der Eucharistie feiern Katholiken wie auch alle anderen Christen das Geheimnis des christlichen Glaubens: Jesu Bereitschaft, für uns als Zeichen der unverbrüchlichen Liebe Gottes zu sterben, und Gottes Tat der Auferweckung Jesu. Sie danken Gott, dass er durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi alle Menschen erlöst hat. Sehr wichtig ist die Feier des Wortes Gottes in der Eucharistie bei den Lesungen und der Predigt. Wie die Orthodoxen sehen Katholiken bei der Eucharistiefeier eine Verbindung zwischen der irdischen Kirche und der Gemeinschaft aller Heiligen im Himmel. Der geweihte Priester oder Bischof darf die Eucharistiefeier amtlich leiten. Seit dem letzten Konzil gibt es viele Dienste in der Feier – beispielsweise Lektoren sowie Kommunionhelfer, die eine besondere Beauftragung des Bischofs benötigen.

Frage: Wie sieht dies alles die evangelische Kirche?

Dorothea Sattler ist Leiterin des Ökumenischen Instituts an der Universität Münster.
Bild: ©Benedikt Plesker

Dorothea Sattler ist Leiterin des Ökumenischen Instituts an der Universität Münster.

Sattler: Im evangelischen Gottesdienst heißt die Eucharistiefeier Abendmahl. Aus Ehrfurcht vor dem großen Geheimnis dieses Sakraments wird es nicht überall an jedem Sonntag gefeiert, die Häufigkeit steigt jedoch. Insgesamt ist es wichtig, zwischen zwei Richtungen innerhalb der evangelischen Christen zu unterscheiden: Lutheranern und Reformierten. Im 16. Jahrhundert war der Streit zwischen diesen beiden Richtungen größer als zwischen Katholiken und Lutheranern. Inzwischen haben viele Gespräche gezeigt, dass es eine große Gemeinsamkeit im Verständnis von Abendmahl und Eucharistie gibt. Gewiss sind da noch einige offene Fragen – beispielsweise, wer den Abendmahlsgottesdienst leiten darf. In der evangelischen Kirche dürfen dies inzwischen auch ordinierte Frauen.

Frage: Über Jahrhunderte stritten Katholiken und Protestanten darüber, wie Jesus Christus im Abendmahl präsent ist. Ist es hier mittlerweile zu einer Einigung gekommen?

Sattler: Ja, wir haben miteinander viel darüber gesprochen, dass es keinem Menschen gelingen wird, ein für alle Zeiten gültiges Modell in dieser Frage zu entwickeln. Katholiken, Lutheraner und Reformierte greifen auf unterschiedliche Vorstellungen zurück. Im Gespräch darüber bereichern wir uns. Alle Kirchen sind der Überzeugung, dass Jesus Christus im Heiligen Geist in Brot und Wein tatsächlich gegenwärtig ist. Es fällt nicht leicht, dies so zu erklären, dass auch Kinder es verstehen. Der evangelischen Tradition ist sehr daran gelegen, dass der von Jesus Christus selbst gestiftete Sinn der Feier auch bei den Zeichenhandlungen bewahrt bleibt. Deshalb werden in den evangelischen Gottesdiensten nicht nur Brot, sondern Brot und Wein verteilt, wie Jesus es selbst wollte. In der katholischen Kirche werden die gewandelten Hostien im Tabernakel aufbewahrt. Diese alte Praxis diente der Vorsorge für die Alten und Kranken. Mittlerweile gibt es auch evangelische Kirchen, die das gewandelte Brot länger aufbewahren und es später auch – wie in der katholischen Kirche – Kranken bringen.

Frage: Ist das Weiterreichen des Kelchs auch in der katholischen Kirche erlaubt?

Sattler: Ja, dies wird allerdings leider zu selten praktiziert. Das Zweite Vatikanische Konzil hat sehr dazu ermutigt, die Zeichenkraft der Feier durch die Gabe von Brot und Wein zu verstärken. Hygienische Bedenken werden heute von allen Christen geäußert, es gibt jedoch Möglichkeiten, mit dieser Frage gut umzugehen. Jesus stiftete eine Feier mit Brot und Wein. Wenn nur der Priester oder der Bischof aus dem Kelch trinken, dann erscheint dies als eine durch die Bibel nicht gedeckte Bevorzugung. Schließlich hat ja Jesus seinen Becher in die Runde gegeben und möglicherweise selbst gar nicht daraus getrunken.

Frage: Wie wird Abendmahl in der evangelischen Kirche gefeiert?

Sattler: Die Gläubigen versammeln sich in Gruppen im Halbkreis vor oder um den Altar herum. Der Pfarrer oder die Pfarrerin teilen das Brot aus und sagen dazu: "Christi Leib für dich gebrochen." Anschließend wird jedem der Kelch mit dem Satz gereicht: "Christi Blut für dich vergossen." Zum Schluss sendet der Pfarrer oder die Pfarrerin die Gläubigen mit einem Segenswort in die Welt. Dann versammelt sich die nächste Gruppe am Altar.

Frage: Darf ein Protestant die Kommunion empfangen und ein Katholik zum Abendmahl gehen?

Sattler: In einer katholischen Kirche dürfen nur Katholiken an der eucharistischen Kommunion teilnehmen. In bestimmten Notsituationen, in Todesgefahr oder bei einer anderen schwerwiegenden Not, kann der katholische Priester allerdings Christen anderer Konfessionen die Kommunion ermöglichen. Wenn Katholiken am evangelischen Abendmahl teilnehmen, erfüllen sie nicht ihre Sonntagspflicht.

Zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche besteht noch keine Kirchengemeinschaft. Protestanten erkennen ja zum Beispiel nicht den Papst und den Bischof der entsprechenden Diözese an, mit denen gemeinsam – auch in Abwesenheit – die Eucharistie gefeiert wird. Dies bringt der Priester im Hochgebet zum Ausdruck. Bisher ist es noch nicht gelungen, sich auf ein gemeinsames Verständnis des kirchlichen Amtes zu einigen. In der evangelischen Kirche sind alle getauften Christen zum Abendmahl zugelassen – gleich welcher christlichen Konfession sie angehören. In der Praxis der katholischen Gemeinden werden auch viele Evangelische nicht von der Kommunion ausgeschlossen. Besonders schwierig ist die Situation in Familien, in denen Vater und Mutter nicht die gleiche Konfession haben. Pastorale Sensibilität ist dann wichtig.

Von Margret Nußbaum