Weder Bischöfe noch Laien seien bei Erneuerung in der Kirche einig

Schavan: Kritische Papiere aus Rom werden in Deutschland bestellt

Veröffentlicht am 18.11.2022 um 11:34 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ Die ehemalige deutsche Vatikan-Botschafterin Annette Schavan sieht mit Sorge auf die Polarisierungen in der Kirche. Man könne davon ausgehen, dass kritische Vatikanpapiere in Deutschland bestellt würden. Sie plädiert dagegen für Dialog.

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Die ehemalige deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, blickt mit Sorge auf Polarisierungstendenzen in der Kirche rund um das Thema Synodalität. "Wenn aus Rom ein Papier mit irgendwelcher Kritik kommt, können Sie davon ausgehen, dass der Auftrag dazu aus Deutschland gekommen ist", sagte die CDU-Politikerin in einem Interview des Bistums Aachen am Donnerstag. Ob der Papst diese Papiere alle kenne, wisse sie jedoch nicht – "Rom ist vielfältig".

Anstatt Papiere zu schreiben empfiehlt sie, in der Weltkirche miteinander ins Gespräch zu kommen. "Für den Erfolg der Reformen wird entscheidend sein, wie wir uns in die Weltsynode einfädeln", so Schavan. Es sei wichtig, dass die verschiedenen Gruppen nicht immer weiter auseinanderdrifteten. "Wir dürfen nicht immer unter uns bleiben oder nach Rom schielen."

Weder Bischöfe noch Laien seien sich einig, was Erneuerung in der Kirche heiße. Deshalb müsse ein Format gefunden werden, "wie man mit verschiedenen Wahrheiten klarkommt". Streit sei dabei nicht schlimm. "Es müssen nicht immer alle einer Meinung sein."

Beteiligung der Gläubigen entscheidend

Entscheidend sei die Beteiligung der Gläubigen, so Schavan. Diese werde an massiver Bedeutung gewinnen. "Es braucht mehr Partizipation. Wie soll denn Gemeinde vor Ort möglich werden, wenn nicht Menschen ermutigt werden, Verantwortung zu übernehmen." Sie dazu zu ermutigen, sei eine Führungsaufgabe.

Die Corona-Pandemie habe viele Spannungsfelder aufgedeckt. "Es ist vieles klar geworden, was schon früher zu erahnen war, aber niemand wahrhaben wollte." Zudem sei vielen Menschen nicht vermittelbar, warum bei der Missbrauchsaufarbeitung in der Kirche zwölf Jahre Debatte seit Bekanntwerden der Fälle im Jahr 2010 nötig seien.

Die Kirche brauche heute Transformation. "Ganz viel, von dem was mal richtig war, ist heute falsch", so Schavan. Wer heute führe, müsse ein gutes Gespür fürs Abschiednehmen haben. Man müsse zuhören und die eigene Position immer wieder hinterfragen. In der Kirche gebe es viel zu tun: "Dafür brauche ich weder einen Pfarrer noch einen Bischof. Das können auch Ehrenamtler. Das müssen diese auch selbstbewusst machen." – Die deutschen Bischöfe sind momentan zum Ad-limina-Besuch in Rom. Dabei stehen unter anderem der Synodale Weg und der weltweite synodale Prozess im Zentrum der Diskussionen. (cph)