Das Kreuzzeichen

Veröffentlicht am 21.12.2015 um 00:48 Uhr – Von Magret Nußbaum – Lesedauer: 
Die Tradition, ein Kreuz auf die Stirn zu zeichnen, wie es die Kinder hier beim ökumenischen Kirchentag tun, stammt aus den frühesten Anfängen der Christenheit.
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Unsere Gebete

Bonn ‐ Wir machen es wie selbstverständlich zum Gebet und zu anderen Anlässen: Das Kreuzzeichen. Doch woher kommt dieses Symbol?

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Das Kreuzzeichen "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen"
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Pater Philipp Meyer von der Benediktinerabtei Maria Laach erklärt das Kreuzzeichen und seine Bedeutung.

Das Kreuzzeichen ist ein alter christlicher Ritus. Schon die ersten Christen zeichneten mit dem Zeigefinger oder Daumen der rechten Hand ein Kreuz auf die Stirn. Viele Eltern tun das auch bei ihren Kindern, bevor diese morgens das Haus verlassen. Sie möchten ihre Liebsten damit unter den Segen Gottes stellen. Neben diesem kleinen Kreuzzeichen war bald auch das große üblich, bei dem die ausgestreckten Finger der rechten Hand von der Stirn zur Brust und von der linken zur rechten Schulter geführt werden.

Die frühen Christen bekreuzigten sich so bei der Eucharistiefeier. Beide Formen haben bis heute Gültigkeit. Vor der Verkündigung des Evangeliums machen wir das kleine Kreuzzeichen, nach Gebeten und beim priesterlichen Segen das große.

Sinnbild der Erlösung

Der Kirchenlehrer Augustinus (354-430) sah im Kreuzzeichen ein Symbol für die Solidarität mit dem Leiden Jesu Christi. Und Johannes Chrysostomos, einer der vier großen griechischen Kirchenlehrer (349-407), sagte einmal in einer seiner mitreißenden Predigten:

"Wir wollen vielmehr das Kreuz Christi wie eine Krone tragen. Denn durch das Kreuz wird ja unser ganzes Heil vollbracht. So oft jemand wiedergeboren wird, ist das Kreuz dabei; so oft er genährt wird mit jener geheimnisvollen Speise, so oft jemand geweiht wird, so oft irgendeine andere Handlung vorgenommen wird, überall steht dieses Zeichen des Sieges uns zur Seite. Deshalb zeichnen wir es voller Eifer auf die Häuser, Wände und Fenster, auf die Stirn und auf das Herz. Ist es ja doch das Sinnbild unserer Erlösung, unserer gemeinsamen Befreiung, sowie der Güte unseres Herrn. So oft du dich also mit dem Kreuz bezeichnest, beherzige alles, was im Kreuz liegt, dämpfe den Zorn und alle übrigen Leidenschaften. Wenn du dich bekreuzigst, erfülle deine Stirn mit großer Zuversicht, mache deine Seele frei. Man darf das Kreuz aber nicht einfach nur mit dem Finger machen, sondern zuerst mit dem Herzen, voll innigen Glaubens ..."

Familiengottesdienst in der Kirchengemeinde Sankt Sebastian in Bonn Bild: Pastor Kemmerling eröffnet den Gottesdienst mit einem Kreuzzeichen.
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Familiengottesdienst in der Kirchengemeinde Sankt Sebastian in Bonn Bild: Pastor Kemmerling eröffnet den Gottesdienst mit einem Kreuzzeichen.

Das Kreuzzeichen schützte vor Unheil

In der römisch-katholischen Kirche und in den Ostkirchen ist das Kreuzzeichen bei allen sakramentalen Handlungen üblich. Katholiken bekreuzigen sich auch nach dem Gebet. Beim Betreten des Gotteshauses nehmen sie dazu Weihwasser – als Erinnerung an ihre Taufe. In der Volksfrömmigkeit hatte das Kreuzzeichen darüber hinaus eine Unheil abwendende Bedeutung, zum Beispiel bei Gewittern oder anderen Bedrohungen für Haus und Mensch, Stall und Vieh.

Kraft für unseren Weg

Vielen ist das Kreuzzeichen aus Kindertagen vertraut – vom Tischgebet, vom Beten abends an der Bettkante, vom Kindergarten und Kindergottesdienst. Mit dem Kreuzzeichen bekennen wir die Dreifaltigkeit Gottes – als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Es ist Symbol unseres Glaubens und erinnert an den Tod und die Auferstehung Jesu – und daran, dass auch wir einmal nach unserem Tod auferstehen und von Gott liebevoll empfangen werden. Das Kreuzzeichen erinnert uns aber auch daran, dass unser Leben kein gemütlicher Spaziergang, keine Wellness-Oase ist, sondern dass auch wir unser Kreuz tragen müssen, durch Krisen und Krankheiten, durch Schicksalsschläge und Leid, durch Sterben und Tod.

Es schenkt aber auch Kraft, unseren Weg zu gehen im Vertrauen auf Gott. Es möchte uns mutig machen für die vielen Tode und Auferstehungen zu unseren Lebzeiten: das Genesen nach einer schlimmen Krankheit, das wieder Lachen-Können nach einer Zeit der Trauer, die Versöhnung nach einem Streit.

Der Sinn der Handlung

Beim Kreuzzeichen berühren wir zuerst die Stirn. Wir denken an Gott Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der über allem steht. Dann geht die Hand nach unten. Wir denken an Jesus Christus, der sich zu uns nach ganz unten begeben hat. Er kam in einem Stall zu Welt, als Kind armer Eltern. Und er stieg tief hinab in das Reich des Todes, um dann am dritten Tage glorreich aufzuerstehen. Zum Schluss geht unsere Hand nach links und nach rechts. Der Heilige Geist erfasst uns ganz, er hüllt uns wie in einen Mantel und schützt uns mit seiner Liebe und Kraft vor allem Bösen.

Syrische Christen beten beim Kreuzzeichen: "Im Namen des Vaters, der uns ausgedacht und geschaffen hat, und des Sohnes, der in die Tiefe unseres Menschseins hinabgestiegen ist, und des Heiligen Geistes, der das Linke zum Rechten wendet, der das Unbewusste und Unbekannte in uns verwandelt, damit es ausgerichtet wird auf Gott."
Von Magret Nußbaum